Titel: The music of what happens
Autor: Bill Konigsberg
Verlag: One Verlag
Erscheinungsdatum: 27.11.2020 Seitenanzahl: 448 Preis: 12.90€/Paperback
Inhalt/Klappentext:
Max und Jordan haben nicht viel miteinander zu tun. Während Max Sport und Videospiele liebt und gern mit seinen Jungs abhängt, ist Jordan eher introvertiert, schreibt Gedichte und trifft sich mit seinen beiden besten Freundinnen in der Mall. Erst, als sie gemeinsam im alten Food-Truck von Jordans Vater arbeiten, lernen sie sich besser kennen. Und ganz langsam merken die beiden, dass zwischen ihnen vielleicht mehr ist als bloß Freundschaft …
Eindruck:
Im letzten Jahr habe ich LGBTQ+ Bücher zum ersten Mal kennen und lieben gelernt, weshalb ich nun umso gespannter auf die Übersetzung zu „The music of what happens“ war. Hier hat mich aber nicht nur der vielversprechende Klappentext wahnsinnig neugierig gemacht, sondern auch das zuckersüße Cover konnte mein Interesse auf Anhieb wecken ! Der strahlend blaue Himmel, die kleinen Wolken als Details und die beiden Jungen, die vermutlich unsere Protagonisten Jordan und Max darstellen sollen, geben schon einen kleinen Eindruck, was den Leser inhaltlich erwarten wird und machen definitiv Lust auf mehr. Und ich meine, ein Food Truck, zwei Jungen, die charakterlich ein Unterschied wie Tag und Nacht sind und eine Freundschaft, die von Seite zu Seite mehr wird... Was steht einem guten Buch da noch im Weg ? Ob mir die Geschichte wirklich so gut gefallen hat wie anfangs gehofft, könnt ihr nun selbst lesen !
Zunächst möchte ich ein wenig auf den Schreibstil des Autors eingehen, mit vor allem zu Beginn der Geschichte, leider meine Probleme hatte. Obwohl Bill Konigsberg wunderbar flüssig und locker leicht schreibt, so dass ich buchstäblich durch die Seiten geflogen bin, gab es etwas, das mich gestört, beziehungsweise, das mir gefehlt hat. Es waren die Gefühle, die mich leider nicht erreichen konnten und durch deren Fehlen die ganze Geschichte ziemlich platt und unerreichbar auf mich wirkte. Zwar verbreitet das Geschriebene eine wundervolle Message, mit der mir der Autor von der Seele spricht, allerdings geschieht das in meinen Augen mit wenigen Emotionen. Außerdem hatte ich teilweise auch das Gefühl, dass Bill Konigsberg viele belanglose Einzelheiten aneinanderreiht, die überhaupt nichts gemeinsam haben, sondern einfach nur dazu dienen die Geschichte zu füllen. Das und insbesondere auch der Humor, der nicht meiner ist und mit dem ich somit auch nur wenig anfangen konnte, waren ein kleiner Störfaktor. Was ich aber unbedingt loben muss, sind die wunderschönen und inspirierenden Gedichte, die den Leser auf einigen Seiten erwarten und das Leseerlebnis um einiges versüßen. Dieser Aspekt hat mir definitiv gut gefallen und die kleinen Anekdoten werden mir sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben.
Mit den Protagonisten stehe ich auch etwas im Zwiespalt, da ich Jordan und Max zwar unheimlich sympathisch finde, mir aber auch in der Charakterausarbeitung der gewisse Tiefgrund gefehlt hat. So ist beispielsweise Jordan der typische, introvertierte Einzelgänger, der sich nicht traut auf Menschen zuzugehen und seine Gedanken somit lieber selbst und insbesondere in Gedichten verarbeitet. Er ist zudem großer Träumer, der somit auch mal schnell in seine Tagträume abtaucht und kurzzeitig alles um sich herum vergisst. Besonders das, aber auch seine tollpatschige und unbeholfene Art haben dafür gesorgt, dass er mir wirklich ans Herz gewachsen ist. Auch seine Situation, die in der Vergangenheit mit dem Tod seines Vaters beginnt und in der Gegenwart mit seinem durchwachsenen Verhältnis zu seiner Mutter abschließt, hat mir unheimlich viel gegeben und gezeigt wie schnell ein Familienglück eigentlich zerbrechen kann. Trotzdem muss ich sagen, dass sein Charakter mehr von Klischee, als allem anderen lebt, da er in meinen Augen der typisch schlacksige, unattraktive und mit mangelndem Selbstbewusstsein geprägte Junge von nebenan ist. Seine Entwicklung und die Tatsache, dass er durch Max immer mehr an Selbstbewusstsein gewinnt, hat mir dafür umso besser gefallen.
Mit Max konnte ich tatsächlich schon mehr anfangen als mit Jordan, da er dem Leser schlichtweg einen weitläufigeren Einblick in seine Gedanken- und Gefühlswelt gibt und somit viel facettenreicher auf mich wirkt. Zwar lebt auch er von einer guten Portion Klischee, allerdings merkt man schnell, dass mehr hinter seinem Dauergrinsen steckt, was mir wirklich gut gefallen hat. Seine Wandlung vom typischen, charmanten und sportlichen „Bro“ zu einem vielfältigen Jungen, der auch seine verletzliche Seite zeigt, konnte mich schnell überzeugen. So zeigt er bald seine echten Gefühle, versteckt sich nicht mehr hinter seiner coolen Fassade und entdeckt seine Leidenschaft für das Zeichnen und Kochen, die er sonst immer vor seinen Freuden und der ganzen Schule versteckt hat. Auch seine Hilfsbereitschaft gegenüber Max und die Tatsache, dass er ihm geholfen hat aus seiner Komfortzone rauszukommen und ihn so akzeptiert und liebt wie er ist, konnte mein Herz erwärmen. Insgesamt ist er also der intensivere und authentischere Protagonist, zu dem ich im Laufe des Buches auch eine Verbindung aufbauen konnte.
Zu den Nebencharakteren muss ich auch unbedingt noch ein paar Worte verlieren, da mich sowohl „die Ehefrauen“ (so nennen sich Jordans Freundinnen), als auch die „Amigos“ (Max Freundeskreis) an ein wandelndes Klischee erinnert haben. Erstere sind die typischen Mädchen, die ihr Leben mit kichern, shoppen und tratschen verbringen und Jordan in meinen Augen auch nicht so behandeln, wie er es verdient hätte. Gerade weil Jordan ein mangelndes Selbstbewusstsein und keine anderen Freunde hat, hätte ich hier deutlich mehr Einfühlsamkeit und Verständnis für seine Situation erwartet. Stattdessen hatte ich mehr das Gefühl, dass sie ihn tyrannisieren und nicht wertschätzen. Auch die „Amigos“, die geläufigen Sportlerkollegen, die ihre Freizeit mit Zocken verbringen, waren dem ganz ähnlich, wobei ich ihre spätere Wandlung wirklich schön anzusehen finde. Die einzige, die ich wirklich sympathisch finde, ist Max Mutter, die eine liebevolle Bezugsperson, auch für Jordan, ist uns sich wundervoll um ihren Sohn kümmert.
Die im Vordergrund stehende Liebesgeschichte ist zart, wundervoll leicht und schreitet in kleinen Schritten voran. Obwohl Jordan und Max zunächst unterschiedlich wie Tag und Nacht zu sein scheinen, ist das gewisse Prickeln und die Anziehungskraft zwischen ihnen auf Anhieb zu spüren, was mir unheimlich gut gefällt. Schön finde ich zudem, dass sich beide Hälften in allem unterstützen, sich gegenseitig so akzeptieren wie sie sind und sich trotz vielen Hürden und holprigen Wegen niemals unterkriegen lassen. Die Message dahinter ist wunderschön und hat mir sehr viel gegeben. Teilweise hätte ich mir aber auch hier ein wenig mehr Gefühle und Emotionen gewünscht, da mir die komplette Handlung etwas zu sachlich erscheint. In Bezug darauf hätte ich ein paar intensivere Momente zwischen den beiden schön gefunden. Alles in allem war es aber wunderbar mitzuverfolgen wie Max und Jordan sich immer weiter annähern und dabei das ein oder andere Abenteuer miteinander erleben.
Zwischen all den Kritikpunkten hat mir das allgemeine Thema der Geschichte aber am allerbesten gefallen. Zunächst finde ich das Thema bezüglich des Food-Trucks unglaublich toll, außergewöhnlich und einzigartig. Es war wirklich interessant und beeindruckend mit anzusehen, was Jordan und Max gemeinsam auf die Beine stellen und welche Leidenschaft sie dabei für ihren Job aufbringen. Die tägliche Arbeit dort und die zahlreichen Abenteuer und Erlebnisse die damit einhergehen, haben mir einige Male ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und die Geschichte abwechslungsreich gestaltet. Toll finde ich auch die Message, die Bill Konigsberg mit „The music of what happens“ verbreitet, da einige (auch potentiell triggernde) Themen aufgegriffen und schön ausgearbeitet werden. Von sexueller Vergewaltigung bis zur Sucht auf einem speziellen Gebiet ist alles mit dabei, womit der Autor uns eine wahnsinnig große Vielfalt bietet. Zwar wurde die von mir erwartete, leichte Lektüre damit etwas schwerwiegender und die Stimmung etwas bedrückender, doch das hat mich keineswegs gestört, vor allem da die Darstellung der Bandbreite von Themen sehr gut gelungen ist. Insgesamt also eine zuckersüße Liebesgeschichte mit ihren Höhen und Tiefen, die zudem wichtige Themen aufgreift.
Fazit:
Obwohl ich mit den Charakteren und dem Schreibstil des Autors etwas im Zwiespalt stehe, hat mir die einzigartige Thematik der Geschichte unheimlich viel auf den Weg gegeben, weshalb ich in Bezug darauf trotzdem eine eindeutige Leseempfehlung aussprechen möchte !
3.5/5🌟
Autor:
Bill Konigsberg, geboren 1970 in New York City, ist ein mehrfach ausgezeichneter US-amerikanischer Autor, der vor allem durch seine LGBTQ-Romane bekannt wurde. Er lebt mit seinem Mann und zwei Labradoodles außerhalb von Phoenix, Arizona. The Music of what happens ist sein Debüt im ONE-Verlag.
Quellen:
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